Ausbildung trägt durch die Vermittlung der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht nur zur individuellen Entwicklung der Mitarbeitenden bei, sondern sichert durch die potenzielle Weiterbeschäftigung der Auszubildenden als zukünftiges Fachpersonal auch den langfristigen Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Zur Förderung der Ausbildung führt das Jobcenter Flensburg ein breites Spektrum von Maßnahmen durch, die jungen Menschen helfen, ihre beruflichen Ziele zu erreichen. So können Arbeitgebende für die Einstellung von Auszubildenden, die vormals Leistungen zum Leben vom Jobcenter Flensburg erhalten haben, attraktive Lohnkostenzuschüsse erhalten. Auch eine immaterielle Unterstützung wie die „Assistierte Ausbildung“, bei der die Auszubildenden kostenlosen Nachhilfeunterricht erhalten, kann für beide Seiten eine große Hilfe sein. Malte Rehder berät beim Jobcenter Flensburg seit vielen Jahren Jugendliche auf ihrem Weg in die Ausbildung. In dem nachfolgenden Interview erzählt er von seinen Erfahrungen – und unter anderem davon, was er sich von den Jugendlichen und den Unternehmen wünscht.
Welche Fragestellungen begegnen Ihnen in der täglichen Beratung mit den Jugendlichen?
Das ist sehr individuell und beinhaltet ganz unterschiedliche Aspekte. Hierzu zählen nicht nur die personenbezogenen fachlichen Stärken und Schwächen, sondern auch Dinge wie z. B. der Reifegrad, die Selbstständigkeit oder auch ein allgemeines Kontextverständnis für bestimmte Zusammenhänge. Hier fehlen naturgemäß entsprechende Erfahrungswerte bei den Jugendlichen. Grundsätzlich gehe ich sehr individuell auf jeden Einzelnen ein und versuche, so zu beraten, dass ich eine eigenständige Motivation initiiere, damit die Jugendlichen von sich aus aktiv werden. Der zum Teil nicht unerhebliche zeitliche Aufwand lohnt sich auf jeden Fall, denn die Förderung des Nachwuchses ist in Zeiten des Personalmangels eine der sinnvollsten Investitionen für den Arbeitsmarkt.
„Die Förderung des Nachwuchses ist in Zeiten des Personalmangels eine der sinnvollsten Investitionen für den Arbeitsmarkt.“
Malte Rehder (Ausbildungsberater beim Jobcenter Flensburg)
Gibt es wiederkehrende Hürden, die dem Ausbildungsziel im Wege stehen?
Ich registriere schon einige durchgängige Auffälligkeiten, die sich gerade in den letzten Jahren herauskristallisiert haben. Durch den alltäglichen intensiven Umgang der Jugendlichen mit digitalen Medien ist in diesem Bereich zwar eine hohe Kompetenz zu verzeichnen, jedoch bringt dieses Verhalten oft auch Defizite z. B. im persönlichen Umgang oder in der Ausdrucksfähigkeit mit sich. Auch registriere ich insgesamt eine allgemein höhere Erwartungshaltung bzw. nicht realistische Berufsvorstellungen. Auch das ist meiner Meinung nach dem digitalen Zeitgeist der sofortigen Wunscherfüllung geschuldet. Innerhalb von 24 Stunden erhält man bei Digitalbestellungen jegliche Art von Produkten. Diese – bei den Jugendlichen unbewusste – Erwartungshaltung lässt sich aber nicht auf die Ausbildungsplatzsuche übertragen. Eine qualifizierte Ausbildung dauert nun mal zwei bis drei Jahre und dies muss den Jugendlichen erst einmal vermittelt werden.
Wie kann die Ausbildungsvermittlung des Jobcenters dabei unterstützen, die Rahmenbedingungen zu verbessern?
Wir haben seitens des Jobcenters einige attraktive Förderinstrumente, die sowohl die Jugendlichen als auch die Unternehmen im Rahmen des Ausbildungsprozesses sehr wirkungsvoll unterstützen. Hier ist z. B. der Ausbildungskostenzuschuss zu nennen, mit dem Arbeitgebende für die Einstellung von bestimmten Auszubildenden einen Lohnkostenzuschuss erhalten. Darüber hinaus gibt es auch immaterielle Unterstützungen für die Auszubildenden in Form der „Assistierten Ausbildung“ (AsA). Dies ist ein individueller, kostenloser und qualifizierter Nachhilfeunterricht zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten, zur Förderung fachtheoretischer Fertigkeiten sowie zur Stabilisierung des Berufsausbildungsverhältnisses. Schön dabei ist die zeitliche Flexibilität von AsA, das heißt, dass bei Bedarf sofort mit dem Nachhilfeunterricht begonnen werden kann.
Gibt es dabei einen optimalen Weg?
Wir haben mit der Durchführung von Praktika sehr gute Erfahrungen gemacht, so dass ich dies schon als den idealen Weg bezeichnen würde. Für mich ist das Praktikum das wichtigste Einstiegsinstrument in die Berufswelt und hat eine hohe Bedeutung sowohl für die Praktikanten als auch für die Betriebe. Hier zeigt sich dann, was die Jugendlichen wirklich können, denn die Zeugniszensuren spiegeln die Fähigkeiten in einigen Bereichen oft nicht wirklich wider. Somit fallen einige Jugendliche schon von vornherein durch das Bewertungsraster. Im Praktikum können sie aber beweisen, was sie wirklich können. Das ist im Grunde genommen so eine Art „Realitäts-Check“, bei dem die beiderseitigen Vorstellungen mit der Situation vor Ort abgeglichen werden. Dies kann auch dazu führen, dass sich der bis dahin vorgestellte Berufswunsch dann doch noch schnell ändert. Aber auch so eine Erfahrung zeigt wiederum die wichtige Bedeutung eines Praktikums, weil durch solche konkreten Erkenntnisse die Quote der vorzeitigen Ausbildungsabbrüche verringert werden kann.
„Das Praktikum ist das wichtigste Einstiegsinstrument in die Berufswelt und hat eine hohe Bedeutung sowohl für die Praktikanten als auch für die Betriebe.“
Malte Rehder (Ausbildungsberater beim Jobcenter Flensburg)
Was gibt es für Unterstützung für Ausbildungsplatzsuchende, die nicht in der Schule oder im Job sind – die sogenannten „unversorgten Bewerber“?
Arbeitslose Jugendliche haben nach einem Praktikum mit der Einstiegsqualifizierung die Möglichkeit, in einem Zeitraum von vier bis zwölf Monaten ihre Fähigkeiten in der betrieblichen Praxis unter Beweis zu stellen und damit ihre Chancen auf ein reguläres Ausbildungsverhältnis zu erhöhen. Die Einstiegsqualifizierung dient somit als „Türöffner“ für eine anschließende Ausbildung. Bei einem sehr guten Verlauf könnte die Ausbildung dann auch um ein halbes Jahr verkürzt werden.
Was wünschen Sie sich aus Vermittlersicht von den Betrieben?
Ich wünsche mir, dass sich die Betriebe grundsätzlich etwas offener und flexibler auf die Bewerber einstellen. Zeugnisse sagen häufig nicht alles über die Fähigkeiten der Jugendlichen aus. Dabei sollte man ruhig auch mal etwas großzügiger über den einen oder anderen kleinen Bewerbungsfehler hinwegblicken. Manche Jugendliche entsprechen vielleicht nicht dem typischen gewünschten Anforderungsprofil – z. B. bezogen auf die Nationalität, den Schulabschluss oder auch die Mentalität. Dennoch könnten diese jungen Menschen in bestimmten Bereichen ein großer Gewinn für das Unternehmen sein. Darüber hinaus sollte der Betrieb das Bewerbungsverfahren transparent darstellen und darüber proaktiv informieren. Im Minimum sollte auf jede Bewerbung reagiert werden – auch wenn es eine Absage ist, damit die Jugendlichen in ihrem weiteren Bewerbungsprozess durch zu viele Nichtreaktionen nicht demotiviert werden. Für mich ist auch die Vermittlung von konkretem Praxiswissen sehr wichtig und dass man nicht zu viel auf das Theoriewissen baut. Das Aneignen der Theorie stellt für die Jugendlichen oft eine Hürde dar, deshalb sollte man praxisbezogener und individueller ausbilden Es geht grundsätzlich darum, die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie stehen. Dadurch eröffnen sich für beide Seiten mehr Chancen und Erfolgserlebnisse im Ausbildungsprozess.
Was empfehlen Sie für konkrete Ausbildungsziele?
Wichtig ist die Vermittlung von individuellen und spezifischen Fähigkeiten, damit auch zukünftig der Bedarf an der jeweiligen Arbeitskraft gesichert bleibt und der Mensch nicht möglicherweise durch Künstliche Intelligenz einfach ausgetauscht wird. Künstliche Intelligenz sollte ergänzend und nicht arbeitsplatzvernichtend eingesetzt werden und Spezialkenntnisse schützen vor Arbeitsplatzverlust.